Wir leben in einer derart digitalisierten Welt, dass es mir manchmal so vorkommt, als würde man in einer dicken Nebelsuppe umherirren und den Bezug zum Wahren und Echten komplett verlieren. Höchste Zeit also, um neu geerdet zu werden!

Ich verbringe momentan wieder deutlich mehr Zeit im Homeoffice und brauche da umso mehr den Ausgleich draußen in der Natur – auf ausgiebigen Spaziergängen oder Sonnenbädern in bunten Wiesen. Leider bin ich viel zu wenig konsequent, das auch wirklich regelmäßig zu tun. Die Zeit im grünen Wohnzimmer, wie ich Wald und Garten so gern nenne, ist eigentlich als Zeit für mich allein gedacht. So ganz ohne Ablenkung und Berieselung, von der wir modernen Menschen ja definitiv mehr als genug haben. Und was packe ich doch gleich als Erstes in meine Jackentasche? Ja richtig, mein Smartphone! Es könnte ja sein, dass ich unterwegs irgendwelche Spots entdecke, die in meiner Instagram-Story unbedingt mit aller Welt geteilt werden müssen oder die ich einfach für mich festhalten möchte. Festhalten für irgendeinen Zeitpunkt in naher oder ferner Zukunft, in der ich meine Handygalerie durchschaue und die Hälfte der Bilder wieder lösche, weil sie doch nie zum Einsatz kamen.

Festhalten. Schöne Momente, Erfahrungen und Eindrücke möchte man festhalten. Verewigen. Zu Bild bringen. So weit, so gut. Aber ich ertappe mich oft dabei, den Moment nicht wirklich zu erleben – stets auf der Jagd nach dem nächsten, geeigneten Pic, das als Futter für die immer hungrigen Social Media Kanäle dienen soll. Und dann entwickelt man seine Bilder einige Zeit später und frägt sich, was man in dem Moment empfunden hat. Was einem durch den Kopf gegangen ist. Welche Gerüche, Farben und Geräusche die Kulisse untermalt haben. Eines steht also fest: die komplette Dimension eines Erlebnisses kann selbst das beste Foto nicht einfangen. Darum möchte ich Dir heute eine kleine Anleitung geben, wie Du Dich ein Stückchen mehr erden kannst und Deine Wahrnehmung schärfst, um den Augenblick intensiv und beglückend erleben zu können. Alright?


STEP I: ATMUNG

Halte an dem Ort, an dem Du dich befindest, einmal kurz inne. Such Dir eine Position, in der Du es Dir bequem machen kannst und schließe Deine Augen. Und jetzt atme einmal ganz tief ein, dann wieder aus. Wiederhole das einige Male und spüre, wie der Luftstrom Deinen Körper betritt und wieder verlässt, wie sich Dein Brustkorb hebt und senkt. Konzentriere Dich ganz auf diese angenehme Gefühl der Ruhe.

STEP II: KLÄNGE UND GERÄUSCHE

Nun sind Deine Ohren an der Reihe, die Augen bleiben nach wie vor zu. Was hörst Du? Ist das etwa Vogelgezwitscher, das über das gekippte Fenster in Dein Zimmer dringt? Kannst Du in dem Stimmengewirr einer Menschenmasse einzelne Wortfetzen herausfiltern? Oder ist es um Dich herum derart still, dass das leise Ticken der Uhr direkt bedrohlich klingt?

STEP III: DÜFTE UND NUANCEN

Die Augen immer noch geschlossen lassen. Nun kommt Deine Nase ins Spiel: beschnuppere Deine Umgebung intensiv und versuche, die Quelle dieser Gerüche auszumachen. Aus welcher Richtung strömt dieser blumige Duft? Welcher der Nachbarn zaubert gerade ein solch herrliches Gericht auf den Tisch, dass Dir das Wasser im Mund zusammenläuft? Und kann es sein, dass Dir staubige Luft in der Nase kitzelt, um Dich daran zu erinnern, dass einmal wieder Staubsaugen ansteht? Was verbindest Du mit diesen Düften? Welche Erinnerungen werden in Dir wach?

STEP IV: FARBEN UND FORMEN

Jetzt kommt der für mich spannendste Teil: öffne Deine Augen! Schaue Dich in aller Ruhe um und nimm wahr, welche Gegenstände, Farbenvielfalt und Muster Dich umgeben. Vielleicht bist Du fasziniert von dem frischen Grün Deiner Zimmerpflanze oder staunst über die Pracht der im Stadtpark angelegten Blumenbeete. Vielleicht sitzt Du im Wartezimmer einer Praxis und betrachtest die quietschbunten Stühle, auf denen vergnügt malende Kinder sich als Künstler versuchen oder Du bist auf einen Kaffee bei Oma und schwelgst zwischen herrlich-nostalgischen Tapeten und altem Geschirr, das noch liebevoll handbemalt ist.

HELLO LIFE!

Das war´s! Du darfst nun voller Freude dort weitermachen, wo Du vorher noch gestresst und gereizt gestanden bist. Mit diesen simplen und überall anwendbaren Schritten kannst Du Deinem Alltag jederzeit das Gas runternehmen und Deine müde und abgestumpfte Wahrnehmung spitzen. Und glaub mir: das im-Jetzt-Sein fühlt sich einfach so viel besser an, als eine überquellende Handygalerie zu haben! Da habe ich lieber genug Speicherplatz auf dem Smartphone, als tausende Fotos und den Moment nie bewusst erlebt! Viel Freude beim Ausprobieren und lass mich gerne wissen, wie´s Dir dabei ergangen ist!


© Cover Photo by Smart on Unsplash

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